Mittwoch, 5. März 2014

Videospiele als Kunstprodukte

Das ewig verschobene und lang erwartete South Park RPG "The Stick of Truth" bzw. "Der Stab der Wahrheit" wurde in Deutschland erneut verschoben. Grund dafür ist, nach Angaben der Macher, ein Hakenkreuz, was noch im Spiel zu sehen ist, eines aus tausend. Nun ist es natürlich so, dass das ein verfassungsfeindliches Symbol ist, wodurch eine Abbildung strafbar ist, solange es nicht im Rahmen eines Kunstprodukts oder ähnlichem (vgl. §86 Abs. 3 StGB) stattfindet.

Dass Videospiele Kunstprodukte sein sollen, wird schon seit langem abgestritten. Dadurch hat man WW2-Shooter ohne Hakenkreuze, aber mit angedeuteten Krakeleien auf Fahnen und Armbinden. Ich fange jetzt keine Diskussion darüber an, ob es als Lehrzweck durchgehen würde, Nazis authentisch abzuknallen, ich will nur erwähnen, dass das ja nicht das erste mal ist, dass in einem Videospiel das Skalpell angesetzt wurde, um Hakenkreuze zu entfernen. Aber das weiß wohl eh schon jeder.

Was macht nun ein Kunstprodukt aus? Filme und Musik sollen Kunstprodukte sein, Videospiele nicht. Warum eigentlich?

Der ab 16 Jahren freigegebene "American History X", der den Lebensweg eines Neonazis beschreibt, kann und wird - gerade von geistig nicht ganz im Saft stehenden Teenagern - leicht missgedeutet. Die Läuterung wird ausgeklammert, übrig bleibt ein Mann mit Hakenkreuz auf der Brust und das berühmt-berüchtigte "Bordstein"-Zitat. Wer mir erzählt, dass das für Jugendliche in ihrer Selbstfindungsphase, gerade wenn sie obendrein noch Stress in der Schule, gegebenenfalls sogar mit ausländischen Mitbürgern, haben, nicht gefährlich ist, der hat nicht mehr alle Latten am Zaun. Wie gesagt, der Film ist ab 16 Jahren freigegeben.
(Trotzdem guter sehenswerter Film!)

Musikalisch kann man, solange man nicht offen Propaganda für das dritte Reich und Hitler, bzw. gegen Ausländer macht, sowieso alles machen, wird sogar zum Echo eingeladen, und so die Köpfe der Kinder weichspülen. Gerade Musik ist ein nicht zu unterschätzender Bestandteil des Alltags der Jugend, nach dem im Zweifelsfall der ganze Lebensstil gerichtet wird. Wie ein Hakenkreuz aussieht, weiß sowieso jeder, gefährlich ist das Denken, das den Leuten eingepflanzt wird, und das passiert bei vielen Bands, die nicht geächtet, teilweise sogar angesehen werden.

Und was ist mit Videospielen?
Man konnte "Grand Theft Auto V" in den letzten Monaten einfach nicht aus dem Weg gehen. Anzeigen in allen Zeitschriften, Berichte in Nachrichten, nicht zuletzt 3 Einträge in das Guinness Buch für die abnormal hohen Verkaufszahlen und -geschwindigkeiten. Männer wie Frauen, jung wie alt, jeder liebt dieses Spiel. Spiele wie "Heavy Rain" oder "L.A. Noire" haben mehr Anspruch und Ästhetik als so mancher jeder Til-Schweiger-Film. Nerd zu sein heißt lange nicht mehr im Keller zu sitzen, sondern wurde vielmehr zu einem popkulturellen Phänomen, Lebens- und Kleidungsstil. In Videospielen steckt ebenso viel Arbeit, wenn nicht noch mehr, wie in einem aufwändigen Film, und es ist ebenso Teil unserer Kultur. Hier kann man doch Hakenkreuze - unter den selben Auflagen wie bei den anderen Punkten des §86 Abs. 3 StGB - zulassen, warum sollten sie hier mehr oder weniger Schaden anrichten als sonstwo? Diese Argumentation ist nichts halbes und nichts ganzes. Ich will entweder ungekürzte Spiele, oder gekürzte Knopp-Dokumentationen.

Dass das South Park Spiel wegen eines Hakenkreuzes neu gepresst werden muss, während sogenannte "Kunstprodukte" tagtäglich in kleinen Kindern rechtes Gedankengut schüren, ist einfach lachhaft. Tut mir leid, wenn es hier keine Pointe gibt, mehr kann man nicht dazu sagen. Die Entwickler müssen uns doch für vollkommen bescheuert halten.

1 Kommentar:

  1. Ich finde das auch ziemlich dämlich, Spiele sind ja mittlerweile halbe Filme, und Filme werden bestimmt auch interaktiv mit der Zeit... Wo zieht man da die Linie??

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